Ein Blick zurück …
by Fabian Eder
Aidipsos, Evia, im November!
Am vergangen Samstag wurde unser Film auf Evia im Hotel Thermae Sylla präsentiert. Die Veranstaltung, die unter der Schirmherrschaft der Österreichischen Botschaft stattfand, bot neben der Filmvorführung eine Ausstellung zeitgenössischer, griechischer Maler und die Sopranistin Elli Anastassopoulou sang Lieder, u.a. von Schubert, Mozart, Strauss, in Begleitung des Pianisten Neville Jason Fahy.
Wir hoffen sehr, dass diese Veranstaltung dazu beigetragen wird, unsere finanzielle Situation etwas aufzubessern und endlich einen Sponsor für eine längst überfällige DVD Edition mit griechischer Sprachversion oder zumindest Untertiteln herzustellen. Natürlich suchen wir auch Kontakte und Möglichkeiten das Buch “GRIECHENLAND BLÜHT”, das voraus. im Februar im Braumüller Verlag erscheinen wird, übersetzen zu lassen und nach Möglichkeit in Griechenland zu publizieren. Es handelt sich dabei um eine Reiseerzählung, die viele Begegnungen beschreibt, die im Film zumeist aus Zeitgründen nicht vorkommen konnten und nimmt einen wesentlich persönlicheren Standpunkt ein….
*
Neben vielen wunderbaren Begegnungen sind in meinen Augen zwei besonders bemerkenswert:
So hat der Türkische Botschafter in Griechenland, der bei der Veranstaltung zu Gast war, Sonntag morgen zu einem Gespräch gebeten. In diesem Gespräch beklagte er, dass seiner Meinung nach in unserem Film die Besatzung und Befreiung von der osmanischen Herrschaft Anfang des neunzehnten Jahrhunderts als Grund für die heutige Krise dargestellt würde und wies darauf hin, dass der Österreicher Adolf Hitler doch wesentlich größeren Schaden in Griechenland angerichtet hätte, als die Osmanischen Besatzer.
Es ist das erste Mal, dass ich mit einer solchen Deutung konfrontiert bin – nach nun einer ganzen Reihe von Veranstaltungen und Diskussionen zu diesem Thema. Bei genauerer Überlegung muss man die Lesart aber eher unter “schlechtem Gewissen” einordnen, zumal ein es meines Wissen nach bis heute keine seriöse Aufarbeitung dieser Zeit aus türkischer Sicht gibt. Wie sonst ist es zu erklären, dass die Gräuel relativiert und umgehend mit den Gräueltaten Adolf Hitlers verglichen bzw. in Relation gesetzt werden? Mich befremdet diese Art der Argumentation doch einigermassen, zumal seiner Excellenz entgangen sein dürfte, dass, bei allen Versäumnissen, gerade diese Zeit, und im Speziellen das Thema Griechenland, bei uns ein sehr eingehend diskutiert wurde und wird. Darüber hinaus weise ich an dieser Stelle einmal mehr auf die Initiative der Deutschen Schule in Athen hin, die seit einigen Jahren mit Schülerprojekten für ein Verbesserung und Aufarbeitung dieser Zeit bei jungen Menschen aus beiden Ländern / Kulturen sorgt – sehr aktiv! Ich würde mir wünschen, dass irgendwer, vielleicht in einem Kommentar hier, mir über ein ähnliches Projekt zwischen der Türkei und Griechenland – oder auch Zypern? – berichten könnte.
Ich bin der Meinung, dass die Tatsache, dass ein Teil Europas die Aufklärung erleben durfte und ein anderer Teil nicht, Grund für viele Schwierigkeiten ist, die uns heute herausfordern. Man kann dem Osmanischen Imperialismus, wie jeder großen Epoche, mit Sicherheit auch Errungenschaften abringen, die positiv waren. Die Aufklärung hat aber nicht stattgefunden, weder in Griechenland und schon gar nicht im Rest des Osmanischen Reiches. Das ist nun mal Fakt.
Gerade die Türkei leidet unter diesem Spannungsfeld in einer ganz besonderen Weise, wie ich im Zuge meiner Recherchen zu meinem Film “DIE SCHRIFT DES FREUNDES” nach dem gleichnamigen Roman von Barbara Frischmuth feststellen durfte. Auf der einen Seite ist da das Erbe der Sekularität, das ich für eine besonders gute Errungenschaft halte, an dem sich viele Länder in Europa durchaus ein Beispiel nehmen könnten. Leider wird dieser sekulare Staat zur Zeit in der Türkei immer grösseren Tendenzen der Aufweichung ausgesetzt, da auch in der Türkei religiöser Fundamentalismus Spielball populistischer Politik ist.
Vielleicht aber rührt die reflexartige Verteidigungshaltung auch von der Vorwürfen her, dass in der Türkei die Menschenrechte, die freie Meinung von Journalisten und die Freiheit der Kunst nicht immer so geachtet würden, wie dies nach unseren Maßstäben angebracht wäre?
*
Die zweite, in höchstem Masse erfreulich Begegnung hatte ich mit der wunderbaren Hara Tzzannis, einer griechischen Künstlerin mit der ich ein angeregtes Gespräch versunken bin, nachdem sie in unserem Film durch sehr genaue Beobachtung die künstlerische Aufbereitung des Themas erkannt hatte. Ich hoffe von ihr bald mehr zu hören und in Kontakt zu bleiben, denn dieses Gespräch war wahrlich “inspirierend”!
Abends in Aidipso.