Ein Blick zurück auf Kreta
by Fabian Eder
Die Küste verschwindet im Dunst. Kretas Küche vermisse ich jetzt schon. Ich denke an Zeus, Europa, ihre Liebe und ihre Söhne. Zeit, ein Resümee zu ziehen.
Die Insel lebt, auch wenn keine Saison ist und das hat eine besondere Qualität: Kreta ist keine Touristenkulisse, sondern hat Substanz. Vom Ballermann bis zu Individualtourismus, von der Gemüsefarm bis zum kleinen Bauern findet man hier alles. Große Hotels an der Nordküste, familiäre Apartments beim Wirt in den Bergen oder hochqualitatives Bed & Breakfast, wie wir es zb in Kamilari, im Süden der Insel gesehen haben. Dort kann man in einem Doppelzimmerbungalow mitten im Olivenhain übernachten. Das Öl von diesen Oliven gibt’s natürlich auch, eigene Ernte…
Sowohl in Chania als auch in Heraklion sind wir sehr vielen jungen Menschen begegnet. Das ist super.
Blick auf Souda, den Fährhafen von Chania und NATO Stützpunkt.
Vorurteile
Ich habe oft gehört, die Griechen seien unverlässlich, das typische “morgen”, wie man das ja “aus dem Süden kennt”. Davon habe ich nichts gemerkt. Sämtliche Abmachungen wurden ausnahmslos akkurat eingehalten und alle Arbeiten sehr gut und zu meiner vollsten Zufriedenheit durchgeführt. Darüber hinaus: die Batterie meiner Armbanduhr war leer. Ich habe sie in Agios Nikolaos über Nacht bei einem Uhrmacher lassen, weil er die Batterie nicht auf Lager hatte. Am nächsten Morgen war die Batterie getauscht, zahlen durfte ich nichts.
Bürokratie und Infrastruktur sind sicher das große Problem der Griechen, aber nicht meines: es hat alles korrekt, vor allem höflich und schlussendlich zeitgerecht funktioniert. Alle Behörden, vom “Tax Office”, wo man hin muss, um 88 Cent (!) für sonst was zu bezahlen, bis zur Hafenbehörde – ich kann beim besten Willen nicht meckern. Ich wurde nirgends, wie man das aus anderen Ländern kennt, von Behörden herablassend oder gar unwillig behandelt und ich musste nirgends unnötig warten. – Ich habe von anderen Erfahrungen gehört, teilen kann zumindest ich diese nicht.
Das Personal in allen Lokalen und Hotels ist extrem freundlich und um das Wohlbefinden des Gastes bemüht und ich kam nie in eine Situation, in der ich das Gefühl hatte, “ausgenommen” zu werden. Auf der Insel bekommt man fast alles, ausgefallene Teile, wie z.B. Ersatzteile kommen aus Athen oder werden sonst wie heran gekarrt.
Und das Essen…
Krise
Die “Krise” haben wir nicht gesehen. Kreta ist sehr selbstständig, gute Erde und gutes Klima lassen Obst und Gemüse wachsen, es gibt abertausende Ziegen und Schweine auf der Insel, Wein und am Wichtigsten: Frisches Wasser aus den zweieinhalbtausend Meter hohen Bergen; das Meer liefert köstlichen Fisch.
Gehört haben wir von der Krise, die Menschen reden darüber. Die finanziellen Auswirkungen sind für alle hart, auch hier. Viele haben Sorge, was die Zukunft angeht, die eigene und mehr noch die der Kinder.
Wir haben verschiedene Ursachen für die Krise erfahren und verschiedene Vorstellungen, wie man herausfinden kann. Einstimmigkeit herrscht darüber, dass der derzeitige Weg dem Land das Rückgrat brechen wird, weil die Menschen nicht nur kein Geld haben, das sie ausgeben könnten, sie haben einfach nicht genug, um von ihrem Einkommen zu leben. Der Sprit kostet bei 2 Euro pro Liter. Nur zur Erinnerung: wir reden von den Menschen, die nicht Steuern zahlen, sondern denen die Steuern von ihren Gehältern abgezogen werden, wie es auch bei uns üblich ist.
Sobald wir klarstellen, dass wir Österreicher sind, geht ein Lächeln über die Lippen der Menschen. Gegen die Deutschen gibt es Vorbehalte und ich habe den Eindruck, da werden viele Dinge vermischt und verwechselt und ein historisches Trauma schwelt vor sich hin. Schade: aber ist das nicht ein großes, europäisches Thema, das vernachlässigt wird, nicht nur hier und nicht nur, was Deutschland angeht?
Was die Menschen, also das “Volk” von den nationalen und den europäischen Politikern hält, beschäftigt mich sehr: gut ist diese Meinung nicht, um genau zu sein: sie ist miserabel und manche Aussage “off the record” lässt einen überzeugten Demokraten schwer schlucken. Ich bin darauf gefasst, dass uns das wohl während dem Rest unserer Reise begleiten wird, aber vielleicht irre ich ja auch… – wir werden sehen.
Europas südlichster Süden: göttliches, fruchtbares und vitales Land: Wer ins Landesinnere vordringt, findet Natur, Schönheit und die Geschichte der frühesten Zivilisationen. Wer sich Zeit nimmt, durchatmet und nur für einen Moment wirklich da ist, wird eine unvergessliche Berührung mit nach Hause nehmen. Von wem? Wer weiß das schon! Nur soviel: man muss kein Gott sein und auch kein “Ladykiller”, um seine Geliebte an diese Strände zu entführen….